Lies hier, was das Ausscheidungsbedürfnis deines Babys damit zu tun haben könnte, dass es augenscheinlich nicht getragen werden möchte und wie du durch sogenanntes "Abhalten" deinem Baby ermöglichen kannst, sich frei zu erleichtern.
Was bedeutet "Abhalten" überhaupt?
Windeln gehören in der westlichen Welt zu einem Baby dazu wie Kleidung. "Braucht" man doch, macht man halt so, war noch nie anders (?) - wird oft nicht drüber nachgedacht. Fast schon so, als würde die Windel tatsächlich zum Körper des Babys gehören. Kurz nach der Geburt kommt sie um den Po und bleibt dort quasi über viele Jahre. Kein Wunder also, dass viele Kinder die Windel nicht so gerne hergeben. Wer dauerhaft ein Piercing oder einen Ring am Finger trägt und auf einmal nicht mehr, kann ungefähr erahnen, wie es sich für ein Kind anfühlen muss, dass da plötzlich etwas fehlt. Ein seltsames Gefühl. Als wäre ein Teil von sich selbst nicht mehr vorhanden, als hätte man etwas vergessen.
Tatsächlich ist die (Wegwerf-)Windel ein ziemlich neues Produkt. 1961 wurde die allseits bekannte Marke "Pampers" in den USA gegründet und die ersten Wegwerfwindeln kamen auf den breiten Markt. In den 70er Jahren wurde im Westen Deutschlands die erste Windelfabrik eröffnet. Ende der 80er wurde der Superabsorber in die Windeln integriert - die klassische Wegwerfwindel, wie wir sie heute kennen ist noch keine 40 Jahre alt!
Schauen wir ein "paar" Jahre zurück, als es noch keine Windeln und schicken Kinderwägen gab. Die Kinder wurden die meiste Zeit von ihren Bezugspersonen am Körper getragen. Die tragende Person gar anzukacken ist für ein Baby absolut nicht sinnvoll. Denn das hätte bedeutet, abgelegt zu werden. Für ein Steinzeitbaby wahnsinnig gefährlich. Fressfeinde, giftiges Krabbelgetier und potenzielle Unterkühlung drohten zu diesen Zeiten relativ schnell. Außerdem ist es für das Überleben eines Babys von immenser Bedeutung, von seiner Bezugsperson umsorgt und geliebt zu werden. Jemanden anzukacken verbessert sicherlich keine Beziehung.
Grundsätzlich sind unsere Babys absolut kompetent! Sie melden sich lautstark bei Hunger, Kälte oder Schmerzen, sie lassen sich nicht gerne ablegen und sorgen mit dem Kindchenschema dafür, dass wir sie unwahrscheinlich süß finden, auch wenn sie uns den Schlaf rauben oder vollspucken. Warum also sollte ein Baby sich nicht auch bemerkbar machen, wenn es ein Ausscheidungsbedürfnis hat? Zugegeben, reagieren Bezugspersonen nicht auf die Mitteilung des Babys dass es mal "muss", hört das Kind auch wieder damit auf, sich bemerkbar zu machen und das Körpergefühl entwickelt sich nicht weiter bzw. eher zurück. Ganz nach dem Prinzip "use it or loose it".
Abhalten ist also als ein Angebot zu verstehen, dass dem Kind gemacht wird um sich frei zu entleeren. So wie wir die erste Beikost anbieten. Oder einen ruhigen Raum zum Schlafen. Es ist ein Angebot, dass das Kind jederzeit ablehnen kann. Ganz ohne Stress und Druck. Jedes Elternteil hat übrigens schon so ein Angebot gemacht. Nämlich beim Wickeln, als just in dem Moment in dem die Windel ab war losgepinkelt wurde Aber zurück zum Thema Tragen.
Abhalten und Windelfrei
Neuer Blogbeitrag!
So ein Schmarrn
Machen wir bereits
Finds voll interessant, aber zu aufwändig
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Einen gelungenen Artikel von Dr. Norma Burow zum Thema "WindelFrei ist nur für Vollzeitmütter - nicht" findest du hier.
Was hat das Abhalten von Babys mit dem Tragen zu tun?
In Anbetracht dessen, dass Menschenkinder keine "Nestbeschmutzer" sind (wie die meisten Säugetiere) und ihre Bezugsperson bzw. sich selbst nicht beschmutzen möchten, kann es durchaus sein, dass das Baby es in dem Moment verweigert, getragen zu werden.
Oder aber die Babys sind grundsätzlich gerne in der Trage, aber manchmal werden sie ohne offensichtlichen Grund unruhig, fangen an in der Trage zu "hüpfen", strampeln und drücken sich weg. Oft kommt das auch nach dem Aufwachen vor - eigentlich logisch.
"Solange er schläft ist alles gut, aber wenn er aufwacht will er immer sofort aus der Trage raus und wird richtig grantig. Immer nach dem Aufwachen"
Viele Eltern stellen anfangs auch verwundert fest, dass die Windel nach 2 Stunden tragen immer noch trocken war.
Wenn dein Baby also generell gerne in der Tragehilfe ist, aber sich in unbestimmten Situationen plötzlich gegen das Tragen wehrt, kann es durchaus sein, dass es einfach mal muss. Einen Versuch ist es auf jeden Fall wert!
Foto: wix
Tragen und die Verdauung
Übrigens ist es kein Wunder, dass Babys während dem Tragen irgendwann ausscheiden möchten. Tragen regt die Darmtätigkeit von Babys an. Das liegt zum Einen am Körperkontakt, der entspannend auf Muskeln und Nervensystem wirkt, zum Anderen an der Anhock-Spreiz-Haltung, die den Enddarm in eine gute Position zum Ausscheiden bringt. Hand aufs Herz - wir kennen alle diese EINE Position, wenn wir Blähungen haben ;-)
Und Babys Bäuchlein wird ständig durch die Bewegungen der tragenden Person mit bewegt und der Darm "massiert". Ideale Voraussetzungen also, um das große Geschäft zu verrichten.
Andersherum kann Tragen also bei Verdauungsbeschwerden und Verstopfung helfen. Abhalten übrigens auch! Bei akuten Problemen oder Schmerzen ist selbstverständlich der Kinderarzt der ideale Ansprechpartner.
Tragen und unterwegs Abhalten
Ich gebe zu, unterwegs ist es mit dem Wickeln etwas umständlich. Schließlich hat man beim Tragen ja meist keinen Kinderwagen dabei. Somit auch keine bequeme und sichere Ablagefläche für das Baby. Das kann vor allem im Winter oder bei Nässe eine Herausforderung werden.
Es geht allerdings auch recht einfach, indem man sich entsprechende Abhalte-Kleidung fürs Baby besorgt. Dann fällt lästiges und umständliches An- und Ausziehen weg, das Baby bleibt schön warm und ich kann mein Baby einfach aus der Tragehilfe nehmen, abhalten und wieder reinsetzen. Die Tragehilfe kann währenddessen am Körper der tragenden Person bleiben damit nichts im Matsch liegt und muss anschließend wieder korrekt angelegt oder neu gestrafft werden.
sog. Cowboy-Hose in Kombination mit einer Mokomidi-Windel - beides selbst genäht
Wer das nicht möchte, kann natürlich stattdessen mit dem Kind in Kommunikation gehen, das Ausscheidungsbedürfnis anerkennen und als Backup die Windel nutzen. Und tatsächlich kann man das auch kleinen Babys erklären. So wie ich erkläre, dass es gleich Milch gibt oder ich es unglaublich lieb habe. Kinder lernen ziemlich schnell, wann was wie und bei wem läuft.
Daneben lernen auch die Bezugspersonen das Baby immer besser kennen und können abschätzen, wann das Baby in etwa ausscheiden müsste und sorgen vor. Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel, dem Kind vor jedem Spaziergang das Abhalten anzubieten. Grundsätzlich gelingt es den Bezugspersonen immer schneller und feinfühliger, auf sämtliche Bedürfnisse des Kindes zu reagieren.
Foto: wix
Ich gebe zu, man wird durchaus kritisch beäugt. Manchmal sogar angesprochen. Aber ich bin und bleibe der Meinung, dass meine Kinder überall dorthin pinkeln dürfen, wo es auch Hunde tun. Und Abhalten ist nicht gleichzusetzen mit Töpfchentraining (!), sondern immer ein freundliches Angebot. Einen Versuch ist es allemal wert.
So ein schöner informativer Artikel, liebe Marina! Gleich zu Beginn beschreibst du, wie Gewohnheit sich anfühlen könnte am Bsp. eines Piercings oder eines Rings. Wie genial! Das ist wirklich ein sehr plastischer Vergleich, der Eltern helfen wird, das auch körperlich nachzuempfinden. Wir haben auch beim Tragen abgehalten, es hat allerdings einige Zeit gedauert, bis ich mir das zugetraut habe. Ab ungefähr 3 Monaten habe ich das TT anders gebunden, so dass ich meine Tochter leichter rausnehmen und wieder reinsetzen konnte. Es hat sich durchaus gelohnt, denn so war ich noch flexibler.